Fällt Ihnen spontan eine Komponistin ein? Mozart, Beethoven, Haydn - sie alle sind berühmte Komponisten. Aber wie sieht es mit Frauen in der Musik aus? Genau dieser Frage sind wir im Rahmen des Projekts „On Air - Frankfurt und seine Komponistinnen“ nachgegangen.
Am 10. September 2021 besuchten wir, der Leistungskurs Deutsch der Q1 von Frau Niederhöfer, das „Archiv Frau und Musik“ in Niederrad. Dort hatten wir die Gelegenheit, die Musikwissenschaftlerin Jelena Rothermel sowie die Sängerin, Gesangspädagogin, Chorleiterin und Komponistin Bettina Weber kennenzulernen. Nach einer herzlichen Begrüßung erzählten sie uns bei einer Tasse Kaffee die Geschichte des Archivs.
Das 1979 gegründete „Archiv Frau und Musik“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Werke von Komponistinnen aus Vergangenheit und Gegenwart zu sammeln und zugänglich zu machen. Über Jahrhunderte hinweg veröffentlichten viele Komponistinnen ihre Werke unter den Namen ihrer Ehegatten, Brüder oder benutzten Abkürzungen ihrer Vornamen, wie später die Schriftstellerin J.K. Rowling, um ihren weiblichen Vornamen zu verschleiern. Andere Frauen komponierten schlichtweg für die Schublade. Indem das Archiv das Schaffen von Komponistinnen endlich sichtbar macht, setzt es sich für Chancengleichheit ein und sorgt dafür, dass Frauen von gestern und heute ihren Platz in der Musikgeschichte einnehmen. Mit rund 31.000 Medieneinheiten zu über 2.100 Komponistinnen und Dirigentinnen, darunter wahre Schätze wie Originalbriefe von Clara Schumann, beherbergt das „Archiv Frau und Musik“ eine beeindruckende Sammlung, die es zum weltweit größten und bedeutendsten Archiv seiner Art und zu einer wertvollen Quelle für Musiker und Musikinteressierte macht.
Nach der Einführung beschäftigten wir uns in Kleingruppen mit den Biographien verschiedener Komponistinnen des 19. und 20. Jahrhunderts. Dazu gehörten Clara Schumann, die durch den zu überwindenden Stempel als „Ehegattin von Robert Schumann“ wohl bekannteste der Gruppe, und Louise Héritte-Viardot, die für ein unter männlichem Pseudonym eingereichtes Werk einen Preis erhielt, der ihr jedoch wieder aberkannt wurde, als man erfuhr, dass sie eine Frau war. Auch mit Aleida Montijn und Rosy Geiger-Kullmann beschäftigten wir uns, die beide aufgrund ihres Geschlechts und ihrer jüdischen Herkunft mit einer doppelten Voreingenommenheit konfrontiert waren, jedoch unterschiedlich damit umgingen. Während Montijn sogar an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 1936 in Berlin mitwirkte, einem wichtigen Instrument der Nationalsozialisten, reagierte Geiger-Kullmann auf die Forderungen nach einem Ariernachweis mit dem Rückzug aus der Öffentlichkeit und emigrierte schließlich 1938 mit ihrer Familie nach Amerika.
Bei unseren Recherchen stießen wir auf eine Reihe von Zitaten wie „Ich muss mir doch erst einmal die Frau anschauen, die Opern komponiert“ (Gustav Brecher, 1931), welche die gesellschaftlichen Vorurteile der damaligen Zeit eindrucksvoll widerspiegeln. Die Vorstellung, dass eine Frau Opern komponieren könnte, galt vielen als absurd, da Musik angeblich „männlich“ oder „weiblich“ klingen könne. Heutzutage ist diesbezüglich jedoch erfreulicherweise ein Wandel zu beobachten. Denn während das Archiv früher selbst Opernhäuser habe bitten müssen, Werke von Komponistinnen aufzuführen, häuften sich heute die Anfragen von Orchestern und Institutionen, wie uns Frau Rothermel und Frau Weber berichteten.
Höhepunkt war das Hören einiger eindrucksvoller Musikbeispiele dieser Komponistinnen, die uns in eine andere Welt eintauchen ließen.
Im Anschluss an die Präsentation der Rechercheergebnisse erfolgte eine kurze Nachbesprechung. Denn der Besuch im Archiv markiert lediglich den Auftakt unseres Projektes. In der ersten Woche nach den Ferien erwarten uns vier spannende Projekttage, an denen wir unsere Recherchen zu den Komponistinnen vertiefen. Ziel ist es, einen kreativen Beitrag, z.B. in Form eines Interviews oder einer Live-Talkshow, zu gestalten, der am Ende auf „Radio X" ausgestrahlt wird. Wir freuen uns auf die kommenden Projekttage!